Mit der Gegenüberstellung dieser Zeugnisse ist bereits die Spannung bezeichnet, in der alle staatlich verordneten Buss- und Bettage stehen:
Menschen versuchen - sogar per Befehl "von oben" gleichgeschaltet -, Gott durch ihr gemeinsames Handeln gnädig zu stimmen bzw. für ihre Ziele einzuspannen (Gebete um Sieg etc.).
Mit gemeinsamen - verordneten - Bussübungen soll Gott beeinflusst=manipuliert werden.
Die Reformatoren haben das schärfstens abgelehnt.
Andererseits:
In Israel, wie in allen antiken Völkern, galt die "corporate identity", nicht das Individuum: Verfehlungen des Einzelnen trafen die Volksgemeinschaft; sie hatte dementsprechend gemeinschaftlich zu büssen und Gott um Vergebung zu bitten - und den Fehlbaren auszugrenzen und zu bestrafen - bis hin zum "Ausmerzen" (weil "ein Greuel vor Jahwe").
Bis zum Beginn des 20. Jhd.s beansprucht die "christliche Obrigkeit", mit derlei Busstags-Anordnungen ihre religiöse Pflicht wahrzunehmen, auch in Glaubensdingen das Volk zu führen und ihm Beispiel zu sein.
Z.B. - sehr zwiespältig - der letzte deutsche Kaiser Wilhelm II als "summepiscopus" der evangelischen preussischen Kirchen ("Unierte"): "Gott mit uns" auf den Koppelschlössern der Soldaten im 1. Weltkrieg - und der abgedankte alte Kaiser als Prediger in seinem Exil in Doorn NL.
Selbst die säkularen westlichen Staaten des 20. und 21. Jhd.s ordnen bis heute noch ganz selbstverständlich "Staatstrauer" an (jüngstes Beispiel: USA nach dem 11.9.01), - meist wohl ohne sich der religiösen Hintergründe bewusst zu sein; wie weit dann ihre BürgerInnen wirklich trauern, gar Busse tun, ist eine andere Frage. -
In Israel und in islamisch bestimmten Ländern haben die religiös begründeten Staatstrauer- und Gedenktage ein ganz anderes Gewicht.