Sitten heute
Trauungs-"Anstand" heute:
Beobachtungen eines Sigristen/Küsters - 1997 in einer Zürcher Kirche, mitgeteilt im "Kirchenboten"; - durchaus übertragbar und mehr denn je geltend:
"... Die unglaublichsten Dinge in Sachen Anstand passieren an Hochzeiten, genauer: an 'Show-Hochzeiten'. Man spürt sofort, ob ein Brautpaar 'wirklich kirchlich' heiraten will oder einfach 'in der Kirche, weil man das so macht' - eben eine Show.
Leises Geschwätz während der Predigt, solange es die PfarrerIn nicht krass beim Predigen stört, muss heute ja wohl toleriert werden.
Inakzeptabel ist es aber beim Gebet; ich schäme mich einfach für Menschen, die nicht wenigstens während des Unser-Vater's still sein können.
Und dann das Blitzen in Richtung Taufstein, um Eheversprechen und Ringtausch als fotografisches Dokument für alle Ewigkeiten zu retten. Was nützt es, wenn ich die Kirchenordnung auf meiner Seite habe, die das in Art. 50 verbietet? - Was man da erleben kann, wenn man darauf hinweist, kann einen nur wütend machen. Und manche PfarrerInnen lassen das zu!
Als der letzte auf Anstand pochen und mich bloß lächerlich machen, - das will ich auch nicht.
Aber weshalb wollen eigentlich Leute, die sonst überhaupt nichts mehr von der Kirche wollen, an ihrem Hochzeitstag plötzlich 'alles': den Segen, die Glocken, das Ambiente des Kirchenraums?
Manchmal frage ich die Hochzeitsgäste bei so harten Foto-Diskussionen: 'Ist das Ringtausch-Föteli die Garantie für eine dauerhafte Ehe? Genügt denn die innere Vorstellung des Eheversprechens nicht?'
Aber ich weiss natürlich, daß man das in katholischen Kirchen und in Italien viel lockerer handhabt. Der Kirchenraum ist ja bei den Reformierten auch nichts 'Heiliges', - ich habe sogar einmal einen unserer Pfarrer rauchend in der Kirche erwischt -; trotzdem: es gehört sich nicht.
Geklatscht wird ja inzwischen auch bei jeder Gelegenheit - wie im Konzert."
(Wo muss man nun umlernen und 'tolerant' sein - und wo festbleiben?)
Brautpaar, verschränkt trinkend.
|