Innenraum des Neubaus von 1924; Blick gegen Abendmahlstisch, Kanzel und Orgel (Osten). - Hinter der Kanzel aus akustischen - und gestalterischen - Gründen noch ein leuchtend roter Wandteppich (der schon damals Widerspruch erregte); neben ihr beidseitig die Kirchenpflege-Stühle (die inzwischen an die Seitenwände versetzt sind).
1924/25 wurde mithilfe neuster Technik (armierter Eisenbeton) die neoklassizistische Kirche - mit Westturm über dem Eingang und umlaufender Empore - gebaut (750 Plätze). - Die Orgelempore setzt das Schiff fort - quasi eine Kanzel-Orgel-Einheit wie in den reformierten Predigtkirchen des 17. Jhd.s, was in der Bauausschreibung ausdrücklich gefordert war.
("Reformierte Predigtkirchen" sind auf die Kanzel als liturgischen Zentralort - und früher auch Pfarrerstuhl - ausgerichtet. Meist wurde die wieder zugelassene Orgel zusätzlich in die Achse versetzt: Gotteslob der Musik als Verkündigerin. - Der Abendmahlstisch (nicht "Altar"!) wird dem gegenüber weniger betont. - Ausserdem sind fast immer grosse Emporen eingebaut, um möglichst vielen Predigthörern Platz zu bieten. - Weiterführendes bei "Kirchenspots-Orgel: Aufstellung im Raum").
Auffällig ist das feste, halbkreisförmig angeordnete Gestühl, das bei der Renovation 1969 durch bewegliche Korbgeflechtstühle ersetzt wurde.
Unter der Orgelempore sind Nutzräume eingebaut (Kirchenzimmer, Pfarrerzimmer, Toiletten; durch Süd- und Nord-Eingang erschlossen; Umbauten 1969-72).
Das Kirchenzimmer unter der Sängerempore, nach der Renovation 2008.
Architekt war Emil Schäfer aus Zürich, der u.a. auch in Wohlen AG die reformierte Kirche gebaut hat. - Probleme gab es mit Stellung und Höhe des Turmes: Dem Entwurf des Architekten gemäss hätte er an der südwestlichen Längsseite stehen und niedriger sein sollen. - Baukommission und Kirchgemeindeversammlung verlangten die Änderung.
Westfront mit Zentralturm.
Bauschmuck der Zeit:
Der Taufstein, der heute als Meditations-Ort in der Südwestecke des Schiffs steht, stammt als reformiertes Eigentum noch aus der Simultankirche, wie ein Photo von 1923 zeigt (s. unten). - Er wurde später in einem Privatgarten aufgefunden und gerettet. - Seine schmucklose Renaissance-Tulpenform mit der Taufformel als Schriftband passte nicht zur damaligen von Jugendstil und Symbolismus geprägten modernen Gesamtgestaltung.
Im Baubericht von 1926 ist von einem neuen Taufstein nicht die Rede; getauft wurde am steinernen Abendmahlstisch, wie es reformierter Tradition entspricht (Einheit von Taufstein und Abendmahlstisch). - Neben dem "Altar"-Tisch von O.Münch hätte ein Taufstein auch keinen Platz gehabt.
Chorbrüstung:
Evangelistensymbole und Engel, geschaffen vom Holzbildhauer Karl Fischer, Zürich, der auch die Kanzel gestaltete (Lebensbaum nach Entwurf von O.Münch). -
Engel am Mittelteil der Brüstung.
Symbol "Matthäus" aus der Chorbrüstung.
Kanzel und Abendmahlstisch von Otto Münch (NICHT identisch mit dem deutschen Bildhauer, der u.a. die Bronzetüren am Grossmünster geschaffen hat!). - Sein Abendmahlstisch - mit Weizenähre und Weintraube auf den massiven Sockeln (und sehr "Altar"-mässig wirkend) - verschwand bei der Renovation von 1969-72.
Lebensbaum an der Kanzelfront.
Kanzelwange "Paulus" (?).
Kanzelwange "Apostel" (?).
Ehemaliges Kirchenpflege-Gestühl.
Von Karl Fischer stammen - neben der Brüstung und den Kanzelwangen - auch die (inzwischen an die Seitenwände verbrachten) Kirchenpflegerstühle, die ursprünglich die Kanzel flankierten und offenbar mit "Adam und Eva vor und nach dem Sündenfall" geschmückt waren (heute nur noch Engel- und Tierköpfe an den Wangen).
Kapitelle und Eingangs-Relief:
Die Kapitelle der vier Pfeiler, die wechselweise Tauben (links vorn und rechts hinten) und Fledermäuse (rechts vorn und links hinten) tragen, stammen lt. Bauabrechnung offenbar ebenfalls von O.Münch . - Über ihre hier gemeinte Bedeutung ist nichts überliefert. Immerhin liegt nahe, sie als Symbole des "Lichten, Guten, Erlösten, Geist-Nahen" und des "Dunklen, Bösen, Satanischen, Geist-Fernen" zu deuten - wie auch sonst in der christlichen Symbolik. - Generell könnte mit den Tagvögeln und den Nachtvögeln auch die "Tagseite" und die "Nachtseite" der menschlichen Existenz angesprochen sein.
Der "Gute Hirte" über dem Türsturz im Turmeingang. Auf den Pfeilern "Quo vadis" (legendarische Frage Jesu an den von Rom wegfliehenden Petrus; berühmter Romantitel).
Das Relief im klassizistischen Tympanon der inneren Turmhalle stellt - sehr breit gelagert - den "Guten Hirten" dar, gestaltet von Ernst Kissling, Bergdietikon. - Die Halle war ursprünglich durch ein offenes Gatter nach aussen abgeschlossen; heute ist sie offen zugänglich.
Der Haupteingang durch die Turmhalle heute.
An der Ostwand gab es bis zur Renovation eine Sonnenuhr, gemalt von Rudolf Mülli, Kunstmaler in Zürich, die der unstrukturierten Wand Farbe verleihen sollte (obwohl eine Ostwand für Sonnenuhren eher weniger geeignet ist).
Orgel:
Th.Kuhn-Männedorf: 2 Manuale, 22 Register, 1566 Pfeifen, röhrenpneumatisch. Prospekt ebenfalls K.Fischer. - (Allgemeines vgl. bei "Kirchenspots-Orgel").
Geläut:
1925 wurde ein 4-stimmiges Geläut aufgezogen, das von der Fa. Rüetschi, Aarau, gegossen wurde:
a-cis-e-fis; wobei die zweitgrösste Glocke zuoberst im Turm hängt. - (Allgemeines vgl. bei "Kirchenspots-Glocken").
Glocke mit Verzierungen von Otto Münch(?); rechts der Hammer für das Uhr-Schlagwerk. - Photo: M.Assenberg 2005
Uhrwerk im Turm; Fa. Mäder, Andelfingen (Photo: M.Assenberg, 2005).
Dem goldenen Turmhahn, der als Tagverkünder, Zeichen für Wachsamkeit und Auferstehungshoffnung - Ostermorgen - (und in der Schweiz als Kennzeichen reformierter Kirchen, im Gegensatz zu Deutschland!) die Turmspitze krönt, entspricht auf dem 1956/57 erbauten Kirchgemeindehaus der Fisch als Zeichen der Christen (IChThYS=Fisch; zugleich Abkürzung des Bekenntnisses zu "Jesus Christus, Gottes Sohn, dem Retter") und "Logo" der Kirchgemeinde.